Kreis Höxter (red). Es ist ein Handwerk, für das sich nur noch wenige begeistern. Denn der Beruf des Fleischers oder der Fleischerin hat bei der jungen Generation in der Vergangenheit an Attraktivität eingebüßt, zu blutig, zu anstrengend, zu schlecht bezahlt und wenig Wertschätzung. Dazu kommt, dass gerade „Veggie- und Biotrends“ den Markt beherrschen. Und: Besonders kleinere Fleischereien aus der Region haben es einerseits schwerer, sich gegen die großen Kühltheken in den Supermärkten zu behaupten, andererseits haben sie dazu noch ein massives Nachwuchsproblem. Von den 16 Innungsbetrieben im Kreis Höxter bilden nur sieben noch aus, und bei ihnen lernen gerademal sieben Auszubildende. Einer, der jedoch die wirtschaftlichen und beruflichen guten Chancen für begeisterungsfähige junge Leute erkannt hat, gehört Raphael Ernst. Ganz bewusst hat er sich für diese Ausbildung entschieden. Zielgerichtet ist der heute 20-Jährige aus Dalhausen in vergangenen drei Jahren seinen Weg gegangen, kann sich inzwischen sogar als Zweitjüngster in seiner Klasse über den frisch erworbenen Meistertitel freuen.

Spaß an Lebensmitteln

Raphael Ernst liebt Lebensmittel – und das ist kein dummer Marketingspruch. In und mit einer kleinen Fleischerei im traditionsreichen Korbmacher-Dorf Dalhausen aufgewachsen, lernte er als Junge bereits früh den Wert frischer Lebensmittel kennen. „Ich wusste immer, wo das Fleisch herkam, dass ich gegessen habe.“ Und: „Es hat mir immer schon Spaß gemacht, in der Fleischerei zu helfen“, sagt der 20-Jährige. Dabei sei das Ziel, einen Beruf in der Lebensmittelbranche zu ergreifen, vollkommen klar gewesen. „Meine Eltern haben mich auch nicht gezwungen, sondern immer gesagt, ich solle das machen, was mir Spaß macht und wozu ich Lust habe“, erklärt der junge Mann. Und auch die Freunde haben seine Entscheidung, Fleischer zu werden, ohne Wenn und Aber akzeptiert. „Für die war das alles ganz normal, da gab es überhaupt keine blöden Sprüche.“

Nach der zweieinhalb Jahre langen Ausbildung im elterlichen Betrieb und bei der Metzgerei Knipping in Beverungen lernte Raphael Ernst das Handwerk von der Pike auf und schloss sofort die Meisterschule in Augsburg an. „Die Ausbildung war schon anstrengend, hat sich aber in jedem Fall gelohnt“, erklärt der junge Fleischermeister.

Kreativer Beruf

Raphael Ernst macht anderen jungen Leuten Mut, den Beruf trotz schlechten Images zu ergreifen. Denn: Das Schlachten von Tieren stehe meist nicht im Vordergrund des Handwerks, sondern vielmehr das Zerlegen, Produzieren und Veredeln von Fleisch- und Wurstwaren sowie die Herstellung von Feinkostwaren. „Alles in allem sind der Kreativität bei der Zubereitung keine Grenzen gesetzt“, betont Raphael Ernst, der gern an neuen Rezepten experimentiert und herumtüftelt. Auch Marinaden für das Fleisch oder neue Würzmischungen zu entwickeln, sind genau sein Ding. „Auf diesem Terrain habe ich die Möglichkeit, mich richtig auszuleben“, freut er sich.

Überwiegend Stammkunden

Und seine Kreativität kommt gut an. Familie Ernst, nun inzwischen in der vierten Generation, versorgt viele Stammkunden aus der Umgebung, die vor allem wegen der hohen Qualität der regionalen Produkte den Weg in den kleinen Laden an der Hauptstraße finden. Jetzt im Sommer sind die Grillspezialitäten gefragt, und da hat Raphael Ernst bereits seine Visitenkarte hinterlassen. Kundinnen und Kunden sind begeistert, so wie Nadine Richter, Friseurmeisterin aus Dalhausen, die schwärmt: “Wenn man sich für dieses zarte Fleisch entscheidet, kauft man nichts anderes mehr.“ Besonders hoch im Kurs stehen zurzeit die selbstgemachten Käsekrakauer und die saftigen Rindersteaks, die der junge Meister auch selbst sehr schätzt.

Viele Chancen

Wie soll es selbst einmal mit dem eigenen Berufsweg weitergehen? „Es gibt doch viele Chancen, sich in der Lebensmittelbranche weiterzuentwickeln“, weiß Raphael Ernst und ergänzt: „Lebensmitteltechniker oder Handelsbetriebswirt sind beispielsweise Weiterbildungen, die ich irgendwann einmal anstrebe.“ Die Devise, einmal Metzger, immer Metzger, die gelte schon lange nicht mehr. Und qualitativ hochwertiges Fleisch, das direkt von gut gehaltenen Tieren aus der näheren Umgebung stammt, wird auch in Zukunft gegessen, davon ist Raphael Ernst absolut überzeugt.

Steckbrief Fleischerhandwerk:

Voraussetzungen: körperliche Fitness, Hygienebewusstsein, Sorgfalt und Genauigkeit im Umgang mit Lebensmitteln, guten Geruchs- und Geschmackssinn, Respekt vor den Tieren, keine Probleme im Umgang mit rohem Fleisch, mechanisch-technisches wie auch chemisch-biologisches Verständnis.

Ausbildung: Die Ausbildungsdauer ist auf drei Jahre angelegt, was aber bei entsprechender Schulbildung und anderen Leistungen verkürzt werden kann.

Aufgaben: Fleischer und Fleischerinnen beurteilen die Fleischqualität, zerlegen das Fleisch in Teile, bereiten es zum Verkauf vor oder verarbeiten es zu Fleisch- und Wurstwaren weiter. Beispielsweise kochen, zerkleinern oder räuchern sie das Fleisch und geben je nach Rezept Würzmittel und Konservierungsstoffe dazu. Außerdem planen sie verschiedene Veranstaltungen und Partys und statten diese mit leckeren Produkten aus.

Perspektiven: Da immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher Wert auf Nachhaltigkeit, Tierwohl und regionale Lebensmittel legen, ist die Kompetenz des Fleischers oder der Fleischerin mehr denn je gefragt. Generell liegen Ernährungsberufe voll im Trend, und das Angebot an Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichen ist vom Meistertitel bis hin zum Studium der Ernährungswissenschaften und Betriebswirtschaft weitgefächert.

Weitere Infos im Netz: www.kh-hx.de

Foto: Kreishandwerkerschaft Höxter-Warburg